12. November 2025
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Die Kartoffel

Die Kartoffel (Solanum tuberosum) stammt ursprünglich aus den Anden (dem heutigen Peru und Bolivien), wo sie seit über 8.000 Jahren angebaut wird, und war ebenso wie Mais ein Grundnahrungsmittel. Um 1540 wurde sie von den Konquistadoren nach Spanien gebracht und verbreitete sich anschließend in Europa, Asien und Afrika. In Tunesien ist die Kartoffel das meistverzehrte Gemüse, noch vor Tomaten, Chili und Zwiebeln. Der durchschnittliche Jahresverbrauch liegt bei 35–45 kg pro Einwohner. Vor einem Jahrhundert noch unbekannt ist sie heute aus der tunesischen Küche nicht mehr wegzudenken.

Vor einem Jahrhundert noch unbekannt, hat sich die Kartoffel schnell an unsere Böden und klimatischen Bedingungen angepasst. Tunesien ist praktisch autark in Bezug auf Kartoffeln, die heute zu einer wichtigen Kulturpflanze und einem ebenso strategischen Nahrungsmittel wie das tägliche Brot geworden sind.

Die Kartoffel in Tunesien, Situation und Herausforderungen
Die Kartoffel wurde Ende des 19. Jahrhunderts von den Kolonialisten eingeführt und zunächst auf kleinen bewässerten Parzellen in Cap-Bon, Bizerte und im Nordwesten angebaut. Ursprünglich für die europäische Bevölkerung bestimmt, fand sie sehr schnell Eingang in die tunesische Ernährung und gewann an Popularität. Nach der Unabhängigkeit förderte der Staat ihren Anbau durch den Import von Saatgut und die Organisation der Lieferkette.

Heute wird die nationale Produktion auf 350.000 bis 450.000 Tonnen pro Jahr geschätzt, die auf 20.000 bis 25.000 Hektar bewässerten Flächen angebaut werden.

Der Anbau verteilt sich im Wesentlichen auf drei große Saisonen:

  • Frühkartoffeln (September–Oktober / Ernte März–April): Küstengebiete (Cap-Bon, Sahel), die die ersten frischen Kartoffeln des Frühlings liefern.
  • Hauptanbauzeit (Januar–Februar / Ernte Mai–Juni): vor allem im Norden (Bizerte, Béja, Jendouba). Dies ist die wichtigste Anbauzeit.
  • Spätsaison (August–September / Ernte November–Dezember): dient der Verlängerung der Marktversorgung.

Laut Onagri belief sich die Produktion im Jahr 2020 auf 452.000 Tonnen mit einem durchschnittlichen Ertrag von 20 t/ha. Die am häufigsten angebauten Sorten sind Spunta (fast 90% der Anbaufläche), Nicolas und Safrane. Der nationale Verbrauch absorbiert fast die gesamte Produktion. Die Exporte umfassen einige Tausend Tonnen Frühkartoffeln (nach Libyen und Europa). Bei einem Defizit importiert Tunesien Kartoffeln, manchmal in großen Mengen. Im Jahr 2019 wurden fast 23.000 Tonnen importiert.

Zahlreiche Herausforderungen behindern die Kartoffelproduktion. Da ist zunächst einmal die globale Erwärmung mit Dürre, Hitze, Wassermangel und der Zunahme von Krankheiten (vor allem Mehltau, die schwerwiegendste und häufigste Krankheit). Diese beiden Faktoren wirken sich stark auf die Erträge aus. Hinzu kommen die Abhängigkeit von Saatgut und unzureichende Lagerinfrastrukturen für eine regelmäßige Versorgung der Märkte.

Das Problem mit dem Saatgut
Die Kartoffel vermehrt sich durch gekeimte Knollen, diese sammeln jedoch schnell Krankheiten und Viren an, was zu Ernteeinbußen führt. Daher muss das Saatgut regelmäßig erneuert werden. Die Produktion von zertifiziertem Saatgut ist komplex und kostspielig. Sie erfordert einen Laboraufenthalt (Produktion von Vitro-Pflanzen), den Anbau in insektensicheren Gewächshäusern und anschließend die Vermehrung auf dem Feld in mehreren Klassen (Super-Elite, Elite, Klasse A).

In Tunesien sind Versuche zur Produktion von lokalem Saatgut aus technischen, klimatischen und organisatorischen Gründen gescheitert. Das Land importiert jährlich 25 bis 30.000 Tonnen Kartoffelsaatgut, hauptsächlich aus den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Dieses Saatgut ist für den saisonalen Anbau bestimmt. Für die Nachsaison und die Frühkartoffeln verwenden die Landwirte in der Regel ihr eigenes Saatgut, das aus dem saisonalen Anbau stammt. Diese Abhängigkeit schwächt die Branche und belastet die Kosten erheblich.

Lagerung und Verfügbarkeit
Da sich die Kartoffelproduktion auf einen kurzen Zeitraum konzentriert, ist die Lagerung von entscheidender Bedeutung, um eine regelmäßige Versorgung der Märkte während des ganzen Jahres zu gewährleisten.

Die Lagerung kann erfolgen:

  • Traditionell: Lagerung in kleinen Haufen, unter Stroh oder Sand, an kühlen und luftigen Orten. Kostengünstig, aber mit 30 bis 50% Verlusten verbunden.
  • Modern: Kühlräume (4–6 °C, kontrollierte Luftfeuchtigkeit und Belüftung). Damit lassen sich die Verluste auf weniger als 10% begrenzen und die Versorgung strecken, allerdings sind dafür erhebliche Investitionen und ein hoher Stromverbrauch erforderlich.

Der Mangel an Lagerinfrastrukturen bleibt eine große Schwäche der Kartoffelbranche und öffnet Tür und Tor für Preisspannungen sowie Monopol- und Spekulationsrisiken.

Die Kartoffel, ein strategisch wichtiges Nahrungsmittel
In der tunesischen Mittelmeerkost, die von Getreide (fast 200 kg/Einwohner/Jahr) dominiert und durch Olivenöl, Gemüse und Hülsenfrüchte ergänzt wird, hat sich die Kartoffel als unverzichtbare Energiequelle etabliert. Sie ist das ganze Jahr über erhältlich und sorgt für eine ausgewogene Ernährung, Vielfalt und Sättigung.

In sozioökonomischer Hinsicht nimmt die Kartoffel mit 20.000 bis 25.000 ha einen wichtigen Platz ein und macht fast ein Sechstel der Gemüseanbaufläche des Landes aus. Sie schafft Tausende von direkten und indirekten Arbeitsplätzen (Saatgut, Anbau, Transport, Lagerung, Handel, Verarbeitung).

Im 19. Jahrhundert noch eine Randkultur, ist die Kartoffel in Tunesien zu einem strategischen Nahrungsmittel geworden. Sie ernährt Familien, stützt die ländliche Wirtschaft und spielt eine stabilisierende Rolle für die nationale Ernährungssicherheit.

Vor dem Hintergrund von Dürre und zunehmender Abhängigkeit von Getreideimporten ist die Kartoffel ein wertvoller Trumpf. Ihre Stärkung durch Sortenforschung, lokale Saatgutproduktion, verbesserte Lagerung und eine bessere Organisation der Lieferkette ist für die Gewährleistung der Ernährungssicherheit des Landes von entscheidender Bedeutung.

Auszug aus diesem Artikel: Die Kartoffel in Tunesien: Vom Randprodukt zur strategischen Säule

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